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Momo
#1 Momo
Hat dein Chor ein Stück bisher eher schwergängig oder auch schlicht ‚tragisch‘ gesungen, du willst es nun aber etwas leichter singen (nicht unbedingt schneller),
d.h. die Töne werden nicht mehr im schiebenden Legato gesungen, sondern dürfen etwas Luft haben,
kann es passieren, dass der Chor anfängt zu rennen.
Mir ist dieses z.B. bei dem Lied „Wer nur den lieben Gott lässt walten“ im Satz von Mendelssohn passiert.
Der Grund ist, dass die Sänger dem Stück ‚Zeit stehlen‘.
Anschaulich mache ich das mit dem Beispiel der „grauen Männer“ im Roman „Momo“ von Michael Ende.
Es wird zwar kurz gescherzt, dass „Mann“ eine Zigarre nur mit einem guten Whiskey raucht, aber dann darf ich auch endlich erklären, was ich damit meine:
Der Chor ist es bei dem Stück gewohnt gewesen so zu singen (und zu sprechen!), dass der nächste Ton/die nächste Silbe direkt an das Vorherige anschließt.
Soll nun „leichter und luftiger“ gesungen werden, wird der Tonbeginn etwas betonter und der Schluss leiser gesungen (‚Glocke‘) – es entstehen minimale Pausen zwischen den Tönen.
Bei kurzen Tönen ist dies weniger ein Problem – der Moment des Zeitdiebstahls geschieht am Schluss von längeren Tönen. Es waren beim oben genannten Beispiel bei den beiden Halben „lie-“ und „Gott“ jeweils eine Sechzehntel.
Das summiert sich… Vor allem ist es doof, wenn das nur eine Stimme macht (der Bass war hier sehr anfällig dafür).
Der Momo-Vergleich kam mir als Eingebung und war anschaulicher als ich dachte, da niemand einer der grauen Herren sein wollte.
Wie dieses Beispiel bei einem ‚jüngeren‘ Chor wirkt, konnte ich noch nicht ausprobieren. Die Sänger müssen dieses eindrückliche Bild der zeitstehlenden und (damit) mordenden, ekelhaften, zigarrerauchenden Möchtegerne halt vor Augen haben. In dem Moment sind sie aufmerksam und wollen eine Lösung von dir.
Die ist aber mehr als profan: Sprechen.
Eine Stimme (Melodiestimme) singen lassen – die anderen sprechen in ihrem Melodieverlauf.
Das Problem ist schließlich kein technisches – es ist ein Gefühl (Töne eng beieinander), das nun mit einem anderen (Töne mit Luft und Zeit dazwischen) überschrieben werden muss.
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