Singen ist Seelsorge

01.02.2022 21:00 (zuletzt bearbeitet: 09.02.2022 13:20)
#1 Singen ist Seelsorge
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Ich probe trotz hoher Inzidenzen mit meinen Chören live.
Wir proben mit 2G+, halten so gut es geht Abstand, lüften usw. - aber mit Omikron sind diese Maßnahmen Makulatur geworden.
Wenn einer unter uns Omikron mitschleppt, sind wir alle infiziert.
Geboostert sind wir verhältnismäßig geschützt und werden im krankheitsfall sehr wahrscheinlich keine Belastung für das Gesundheitssystem.
Ungeimpfte Asoziale sind eh nicht dabei und werden von mir auch noch in den nächsten Jahren öffentlich gedemütigt (sollte sich soetwas in einem meiner Chöre einschleichen).

ICH fühle mich geboostert sicher. Und genau da sitzt das Problem: da man das Virus nicht sehen kann ist alles nur ein Gefühl.
D.h. es geht um ein persönliches Sicherheitsempfinden. Und da sind wir als Menschen erstmal vorsichtig.
Das ist auch ok – ich werde dafür niemals jemanden verurteilen.
Auch Kollegen nicht, denen die Sache zu heiß ist – so lange sie nicht scheinheilige Argumente vorschieben, um ihre gefühlte Angst nicht als Grund zu benennen (was aber voll OK, weil ehrlich, wäre!).
Denn ich möchte auch nicht, dass ich oder andere, die ein robusteres Sicherheitsempfinden haben, entmündigt werden.
Ich will nicht, dass mir jemand anderes als der Gesetzgeber die Entscheidung abnimmt unter vorgegebenen Regeln zu singen und Musik in der Gemeinschaft zu erfahren.
Man kann die Meinung haben, dass das für einen persönlich im Augenblick nicht das Richtige ist, aber man darf dies nicht für andere entscheiden, solange man sich im gesetzlichen Rahmen befindet.
Wo also Verständnis für die Ängstlichen erwartet wird, sollte auch Verständnis für die da sein, denen Singen wichtiger ist.

Was wir zur Zeit zu leicht vergessen ist, dass der Mensch nicht nur ein physisches Wesen ist, sondern auch ein geistiges.
Singen in der Gruppe wird für viele Menschen gerade zur seelsorgerischen Veranstaltung.
Man könnte ja denken, dass sie ja auch eine andere Gruppenveranstaltung besuchen könnten, wo man Maske tragen kann und die Gefahr geringer ist.
Um zu verstehen, warum im Kirchenchor 20 von 25 Sängern an den Proben regelmäßig teilnehmen zitiere ich unten aus meinem Buch.
Die Konsequenzen muss jeder selbst ziehen – für mich ist Singen nicht nur kulturelle Erwachsenenbildung, sondern auch Seelsorge und ich werde Proben anbieten solange das Gesetz es mir erlaubt.

Oxytozin
Oxytozin ist ein Hormon, das bei vermehrter Ausschüttung ein Indiz für größeres Wohlbefinden ist.
Man weist es über eine Speichelprobe nach: Wenn die Konzentration nach einer Handlung im A-B Vergleich gestiegen ist, deutet das darauf hin,
dass diese Handlung für den Probanden stresslindernd war und insgesamt als schön wahrgenommen wurde.
Der Mensch ist ein soziales Tier.
Wenn ein Chor sich ‚nur‘ für ein gemütliches Beisammensein trifft (z.B. gemütlicher Abend statt Probe) und die Sänger also nur miteinander sprechen,
haben seine Sänger einen geringeren Oxytozinkonzentrationsanstieg, als wenn sie gemeinsam singen.

Singen in der Gruppe macht nachweislich glücklicher als Sprechen in der Gruppe.

Genauso ist es mit Gruppen, deren Mitglieder sich noch nicht kennen: Dafür gibt es diese grauenvollen „Eisbrecher-Spiele“ auf Seminaren, die zum sich gegenseitig Kennenlernen animieren sollen.
Nach einer Studie der University of Oxford von 2015 hat das Singen mit einer Gruppe einen größeren Eisbrecher-Effekt als alles andere. Nimm dir also für dein nächstes Seminar ein paar Kanons mit.
[aus „Spektrum.de“ URL: https://www.spektrum.de/frage/macht-sing...cklich/1630772# (Abgerufen: 18. März 2019)]

PL

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