Bitte geben Sie einen Grund für die Verwarnung an
Der Grund erscheint unter dem Beitrag.Bei einer weiteren Verwarnung wird das Mitglied automatisch gesperrt.
Hörgeräte

Hallo,
hat jemand Erfahrung mit Sängern, die Hörgeräte benutzen müssen? Zuweilen gibt es da Probleme beim Tonabnehmen und bei schlechter Tagesform ist auch das Einfügen in den Chorklang bzw. die Intonation problematisch. (Wobei das ja auch bei Sängern mit intakten Ohren vorkommt...)
Liebe Grüße in die Runde!
Steffen
#2 RE: Hörgeräte

Lieber Steffen, das ist eine interessante Frage, zu der mich auch die Erfahrungen Anderer sehr interessiert.
Ich habe nur ein einschneidend negatives Erlebnis durchmachen müssen.
Vor über 15 Jahren gab es einen Sänger, dessen Hörgeräte falsch eingestellt waren und ihm die Verstärkung des Gesungenen immer um ca. eine halbe Sekunde später ins Ohr übertrugen.
Im Gespräch kein Problem. Im Gesang ein großes, weil er immer eine halbe Sekunde zu spät sang. Er dachte aber er würde richtig singen.
Das habe ich vorher und nachher nie wieder erlebt.
In seinem Fall war das tragisch, da es ihm egal war und ich ihn bitten musste den Chor zu verlassen.
Er weigerte sich das Problem (das alle hörten) anzuerkennen und war stinksauer.
Bis heute werde ich nicht von ihm gegrüßt.
Ansonsten bin ich immer wieder fasziniert, was möglich ist. Das Problem sitzt aber meist zwischen den Ohren, also beim Anwender.
Und ich rede hier nicht von dem mal den Ton nicht hören oder eine Ansage nicht mitbekommen.
Wenn es permanente Probleme gibt liegt es heute nicht mehr am Gerät.
Hat ein Sänger Probleme muss er seinem Hörgeräteakustiker sagen, unter welchen Bedingungen das Gerät nicht korrekt funktioniert.
Denn alle Geräte neuerer Generation haben mehrere Profile. Z.B. Konzert, Restaurant, Unterhaltung, Stille, Fernseher, etc. und nun kann eben eines mit dem Namen "Chor" dazukommen.
Wenn man etwas technikaffin ist kann man das sogar mit einer App selbst steuern, aber im Normalfall läuft das automatisch.
Da ist nicht mehr wie bei meinem Großvater ein Drehrad für die Lautstärke.
Dies sind - wie immer - nur meine Erfahrungen.
Alle Hörgerätbesitzer in meinen Chören (und das dürften geschätzt über 50 Sänger sein) fallen nicht negativ genug auf, als dass ich es dauerhaft bewusst wahrnehmen würde.
Sollte es zu einem Problem werden, sitzt dieses wie gesagt heute eher zwischen den Ohren.
Und da bleibt nur sensibel, aber ehrlich, im Privaten das Problem zu besprechen.
Was hat dafür gesorgt, dass DU gemerkt hast, dass dein Sänger ein Hörgerät trägt und inwieweit stört es deine Probe.
(Hier auch nicht sofort den GAU zeichnen und sagen, dass es auch die anderen Sänger stört.
Du musst aushalten, dass dein Sänger die Möglichkeit hat sein Gesicht zu wahren und das ganze auf deine Spitzfindigkeit schieben will.
So lange er dann etwas tut hast du dein Ziel erreicht.
Das gilt auch, wenn wenn die anderen Sänger es merken aber nur so lange, wie er mit arbeitet und das Problem...also "dein" Problem.... lösen will.)
Und dann bietest du sofort den Lösungsweg: dein Sänger soll zu seinem Hörgeräteakustiker gehen, diesem die Probleme schildern und sein Hörgerät neu einstellen lassen.
Eigentlich muss man das eh alle paar Jahre machen lassen (wie bei der Brille/ den Augen ändert sich da immer mal wieder etwas).
Dann braucht der Akustiker eine Rückmeldung und hier bietest du deine Hilfe an mit dem Sänger zusammenzuarbeiten. Hat sich in der Probe etwas verändert? Singt er besser mit den anderen zusammen?
Also alles was über das subjektive Empfinden hinausgeht.
Aber am wichtigsten an dieser Maßnahme ist logischerweise, dass dein Sänger sich nicht alleine fühlt und du Energie in ihn investierst - er sich also wahrgenommen und wertgeschätzt fühlt, auch wenn er im Augenblick ein Unpässlichkeit hat.
Sätze wie „lass uns gemeinsam nach Lösungen suchen“, „ich bin für dich da“ „das ist alles kein Problem, aber wir müssen was machen, damit du noch lange im Chor singen kannst“ helfen.
Auch das Wahrnehmen, dass es andere Sänger mit Hörgerät gibt, die keine Probleme haben, hilft den Schritt zu gehen deine Problembeschreibung anzunehmen und als eigenes Problem zu akzeptieren.
Es passiert mir schon lange nicht mehr, dass selbst sehr alte Sänger andauernd beim Nachbarn nachfragen müssen, was denn gerade los ist.
Versteht jemand wirklich nicht viel in der Probe lohnt es sich ihn weiter nach vorne zu setzen. Ist es ein Mann und sitzen die Männer (wie meistens) hinten, muss dann evtl. die Probensitzordnung geändert werden und die Männer in die Mitte genommen werden.
Singt ein Sänger intonatorisch oder rhythmisch nicht gut, weil er nicht genug hört, setzt man ihn auch nach vorne und flankiert ihn bewusst mit starken Sängern.
Das geht natürlich alles nur, wenn man keine feste Sitzordnung hat ("ich sitze hier seit 50 Jahren...")
Am Ende hilft es aber nichts: man muss mit seinen Sängern sprechen, sie als mündige Menschen wahrnehmen und halt auch mal schmerzhafte Wahrheiten besprechen.
Denn am Hörgerät liegt es heute, nach meiner Erfahrung, nicht mehr.
Viele liebe Grüße,
Philip

Lieber Philipp,
danke für die schnelle Antwort! Es beruhigt mich einigermaßen, dass Du aus Deiner Erfahrung heraus davon ausgehst, dass nicht die Hörgeräte das Problem sind, sondern, wie bei Sängern ohne Hilfsgeräte zuweilen auch, eher die Rückkopplung zwischen dem gehörten Ton und dem Stimmapparat nicht sicher funktioniert. Daran kann man arbeiten, klar.
Bei beiden Sängerinnen sind die Schwierigkeiten temporär, es sind eigentlich sehr sichere Stimmen, die anderen eine Stütze sind. Eine der beiden, sie ist ohne ihr Hörgerät fast taub, ist aufgrund anderer Erkrankungen auf sehr viele Medikamente angewiesen und deshalb von schwacher Konstitution. Kommt da eine Erkältung dazu, ist das Gehör schnell schwer eingeschränkt. Die andere singt sehr kräftig und neigt dazu, etwas auf die Stimme (Alt) zu drücken - dann liegt das Problem sicher in der Leichtigkeit des Seins.
Beim Tonangeben habe allerdings sowie manchmal das Problem, dass der von mir vorgesungene Ton von Frauenstimmen komplett falsch nachgesungen wird, vom Klavier angegeben funktioniert's dann besser. Oder wenn ich den Ton in der Frauenstimmlage vorsinge, das geht aber auch nur bis c''...
Macht es Sinn, sowas explizit mit einem Chor zu üben?
Herzlichen Gruß!
Steffen
#4 RE: Hörgeräte

Lieber Steffen,
bei der ersten Sängerin ist es ja unglaublich toll, dass die überhaupt noch im Chor singt.
Solch schlimme Fälle habe ich bei mir (meines Wissens) gar nicht.
Und da ist es dann auch kein Wunder, wenn da ab und an etwas daneben haut. Auch ohne Hörgerät ist man ja bei einer Erkältung nicht immer tonsicher.
Der „Altistin“ fehlt es mit Sicherheit an Selbstwahrnehmung, wenn sie unnötig kräftig singt.
Wie du schreibst, kann man da in eine bewusste Leichtigkeit hineinüben.
Niemals deckeln oder sagen, dass die Sängerin leiser singen soll – das verunsichert nur.
Hätte man Einzelstimmbildung wäre das natürlich der richtige Weg zur Selbstwahrnehmung, da wir aber nicht die Zeit haben sollten wir diesen Überschuss an Energie eher nutzen und eben in luftigeres Singen stecken, das dann automatisch weniger Dezibel hat.
Wenn du die Zeit und Lust hast lohnt sich bei solchen Menschen aber immer der persönliche Umgang und dann eben 1-2x 30 Minuten vor der Probe eine Zeit zur Selbstwahrnehmung und wie gut und gesund die eigene Stimme eigentlich ist und wie man sie kontrollieren kann (also immer sehr positiv bestärken).
Das Problem der Tonanagabe ist ein anderes:
Du gibst als Mann eine Oktave unter dem Ton der Frauenstimme an.
Die Energie, die du zur Tonerzeugung eines c‘ investieren musst (Druck, Spannung der Stimmlippen) ist genau derselbe, wie die Frauenstimme zur Erzeugung des c‘‘ benötigt.
Deshalb können Männer von weiblichen Dirigenten und andersrum, Frauen von männlichen Dirigenten den Ton abnehmen.
Gibt es einen Wechsel zwischen Dirigenten (Mann auf Frau oder Frau auf Mann) gibt es zuerst Irritationen, weil im Wechsel von Mann auf Frau die Männer den Ton Hertzgenau vorher abnehmen durften und die Frauen eigentlich transponieren mussten und andersrum eben andersrum.
In deinem Fall stellst du dir aber selbst ein Bein: du gibst ab und zu mit dem Klavier die Töne an.
Dort tust du das wahrscheinlich in der notierten Tonlage.
Gibst du den Ton dann mit der Stimme (deiner Männerstimme), gibst du den Ton eine Oktave tiefer an.
Also einmal ein c‘‘ (Klavier), dann im weiteren Probenverlauf mal a cappella und dann eben ein c‘.
Das irritiert den Laien tatsächlich, ist aber aus mir unerfindlichen Gründen in jeder Ausbildung der Standard (warum auch immer…Profis können den Ton so abnehmen, aber Laien stört das.)
Insofern lass einige Zeit das Klavier weg, oder gebe die Töne von Klavier so, wie du sie auch vorsingen würdest. Ich gebe Töne nur mit meiner Stimme und habe nie Probleme.
Ich gehe darauf in meinem Buch im Artikel „Ton angeben und Einsatz“ ausgiebig ein und gebe dir auch eine Handreichung, wie du als Mann, oder Frau (meiner Meinung nach) am klügsten die Töne gibst.
Viele Grüße und einen schönen Sonntag!
Philip

Lieber Philip,
müssten wir jetzt der Ordnung halber einen neuenb Dialog zum Thema "Tonangeben" aufmachen? Bin noch neu hier. Aber eigentlich ist ja alles gesagt und im Buch werde ich mir das gleich anschauen, soweit war ich noch nicht.
Der Aspekt, dass beim geschlechterübergreifenden Tonangeben die Tonerzeugung so eine große Rolle spielt, ist ja spannend. Aber irgendwie logisch, klar. Wenn ich in der Probe zum Klavier greife, nehme ich die Töne dort nur für mich ab und gebe sie dann per Stimme weiter. Pure Faulheit, ich weiß.
Danke jedenfalls für die Hinweise!
Herzliche Grüße!
Steffen

Hallo ihr Beiden,
in der Chorleiter-C-Ausbildung vom Landesmusikrat Niedersachsen erfolgte das Töne angeben vom ersten Tag an ausschließlich mit der Stimmgabel.
Das Oktavieren war erst ein großes Thema, dann aber ganz selbstverständlich und für den Chor nie ein Problem.
Es ist so, wie Philipp es schreibt, die Energie und relative Höhe oder Tiefe zeigt dem Chor an, welche Lage gemeint ist. Meine eigene Erfahrung zeigte, dass auch ein Männerchor mit bisherigem Chorleiter nach einer kurzen Umstellungs- und Übersetzungsphase die völlig andere Tonangabe einer Chorleiterin verinnerlicht.
Liebe Grüße
Anja

Hallo Anja,
zugegeben: vielleicht habe ich meine Damen da falsch erzogen. Ich habe am Anfang die Töne in meiner Stimmlage angegeben und dann aber festgestellt, dass sie selbige in ihrer besser abnehmen. Blöd nur, wenn ich das dann im gemischten Chor auch so mache. Ich arbeite dran...
Liebe Grüße!
Steffen
- Chorproben und Choradministration
- Laienchor allgemein
- Kirchenchor/Kantorei
- Gospel/Pop (auch mit Instrumentalbegleitung)
- mit Orchester/Instrumentalensemble
- Studentenchor/junge Chöre
- Kinderchor
- reiner Frauen- oder Männerchor
- sonstige Chöre
- Verein
- Corona aktuell und die Folgen
- Gehalt
- Aushilfensuche und Stellenangebote
- Aushilfensuche
- Stellenangebote
- Stimmbildung
- allgemein
- chorspezifisch
- Noten
- Notenausgaben
- Urheberrecht und GEMA
- Konzertprogramme
- Vorschläge
- Diskussion
- Anfragen
- Technik
- Verstärkertechnik
- Licht
- Sonstiges für Konzerte
- Chorleiter-Coaching - Das Buch
- allgemeine Fragen und Anregungen
- Hörbuch-Podcast
- neue Artikel
- alles zum Forum
- Wünsche
- Kaffeekasse
Jetzt anmelden!
Jetzt registrieren!