Probeninterne Diskussionen (zu-) lassen

29.01.2025 17:23
#1 Probeninterne Diskussionen (zu-) lassen
avatar

Ich komme gerade von einem Coaching, wo folgende Problematik eine große Rolle spielte und mich an meine Anfangszeit erinnerte, als ich noch Erwachsene für Erwachsene hielt und jede Meinung gleich wichtig nahm .

Wird im Chor öffentlich in der Probe diskutiert, dann ist das ein seltenes Ereignis (hoffentlich).
Öffentliche Diskussionen entstehen, wenn etwas Gewichtiges geklärt werden muss.
Kaum ein Sänger wird sich die Blöße geben und Lappalien öffentlich diskutieren wollen.
Aber die Bewertung, ob etwas eine Lappalie ist oder nicht wird für einige Sänger irgendwann schwammig und dann werden eigentlich unwichtige Dinge, oder Sachen, die mit dem, was hier und jetzt in der Probe geschieht nichts zu tun haben, öffentlich angesprochen.
Das passiert nur, wenn du es immer zulässt oder auch selbst so etwas Unwichtiges zur Diskussion stellst.
Und genau da ist der Knackpunkt.

Wenn du über Dinge abstimmen lässt, die zu deinen Aufgaben gehören (Ablauf eines Kanons, Länge des Probensamstags, wann Pause ist (wenn der erste müde ist…?), welche Konzertreihenfolge, Sitzordnung, usw.usf.), werden Sänger anfangen in Proben immer wieder ihre Meinung auch laut von sich zu geben.

Es ist deine Aufgabe jede Diskussion, die dir wichtig erscheint zu moderieren und zu einem Ergebnis zu führen.
Denn du hast sie ja nicht verhindert.
Nun musst du dafür sorgen, dass sie geregelt und sachlich abläuft.
Ist solch eine Diskussion also ausgebrochen, wird die trotzdem nicht jeden interessieren, bzw. tangieren.
Diese Personen können anfangen zu stören - durch lautes Gähnen oder Zwischenrufe.
Das ist solange kein Problem, wie die Diskussion sachlich geführt wird (dein Job).
Wird die Diskussion emotional, wird dieses desinteressierte und abwertende Verhalten problematisch, denn es beleidigt die Diskutanten.
Für die ist das Thema wichtig. Für die anderen nicht.
Ich habe leider selbst erlebt, wie ein Sänger seinen Chor nach einer solchen Diskussion verlassen hat, da ein anderer mitten in einer Diskussion fragen ‚musste‘, ob denn noch jemand eine blaue Tupperdose vermissen würde. Die wäre vom letzten Grillabend übrig.
D.h. diese Diskussion war für den Fragesteller so unwichtig, dass er einfach mit soetwas unterbrechen konnte.

Ergo: Für mich gehören Diskussionen, die nichts mit dem gerade zu probenden Stück zu tun haben (und ich habe hier bewusst kein Beispiel genannt) immer in eine Zeit vor oder nach der Probe.

Ich bin erst durch die Coachingarbeit darauf aufmerksam geworden, wie viele kleine Streitigkeiten und Unstimmigkeiten, von Chorleitern zugelassen werden, die auch später geklärt werden könnten.
Ich nehme mich da total mit rein.

Die einzige Lösung ist darauf hinzuweisen und vor allem einen Zeitraum für das Gespräch zu nennen:
„Wir klären das vor der Pause/ am Ende der Probe.“ (wenn es den ganzen Chor betrifft).
„Wir klären das in der Pause/ nach der Probe.“ (wenn nur die Sänger und ich das klären müssen).
Als ich anfing darauf zu achten habe ich diese Sätze mindestens 1x pro Woche genutzt.
Mit der Zeit wurde es weniger und jetzt nutze ich sie fast gar nicht mehr, da Sänger ihre Probleme selbst klären, selbst am Ende der Probe aufstehen und um einen kurzen Moment bitten (sic!) bzw. gleich zu mir kommen und um Klärung bitten.

Gleichzeitig lasse ich aber jede Nachfrage und auch Diskussion zu dem aktuellen Thema (also Fragen zum Stück/ der Choraufstellung im Konzertraum/ Beleuchtung/ Temperatur/ Noten usw.usf) zu.
So bleibe ich nahbar und meine Sänger fühlen sich nicht wie in einer Diktatur (auch wenn es eigentlich eine ist…)
Und wenn ich eine Diskussion zulasse, bin ich der Moderator. D.h. ich habe immer die Oberhand und mich bewusst dafür oder dagegen entschieden diese Diskussion nun zu führen oder führen zu lassen.
Denn dies ist meine Probe.

PL

 Antworten

 Beitrag melden
Bereits Mitglied?
Jetzt anmelden!
Mitglied werden?
Jetzt registrieren!