Säuseln

09.10.2021 11:17
#1 Säuseln
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Wenn ein Stück in der Probe neu gelernt wird, säuseln die meisten Sänger. D.h. sie singen ohne Energie und Artikulation und vor allem leise.
Sie wollen einerseits nicht auffallen, aber vor allem versuchen sie auf die Töne von dir und/oder den Nachbarn zu hören, um sie mit den eigenen zu vergleichen und die eigenen dann zu korrigieren (was ja lobenswert ist).
Beides sind unbewusste Verhaltensweisen.

Grundregel: Ängstlich sein: nein. Korrigieren: ja – nur so nicht – weil defacto unmöglich.
Da die Stimme ein Muskel ist, wird sie so nämlich niemals die korrekten Töne lernen, da alles was der Sänger macht sehr weich und flexibel ist.
Die Stimme ist meist hauchig und hat dunkle Obertöne.
Der Sänger hört zwar auf andere Stimmen, seine eigene ist so aber nicht laut, bzw. klar genug, um von ihm selbst als seine eigene (und in ihrer Qualität – richtige oder falsche Töne) gehört zu werden.
Er singt irgendwie mit.

Am Anfang ist das alles noch OK (wenn es fast alle machen).
Im späteren Verlauf der Probe werden das auch nur noch vereinzelte unsichere tun.
Das Problem ist nun, dass sie zwar bei allen anderen mitsingen, sich aber an diesem Zeitpunkt der Proben selbst zu Kategorie 3 Sängern machen, die ohne andere Sänger nicht singen können.
Da gebe ich folgendes Bild:
Wenn man im Supermarkt einen Jogurt in seinen Einkaufskorb legt, kann man das mit der falschesten Haltung tun, es wird kurzfristig keine negativen Auswirkungen haben.
Hebst du die schwere Wasserkiste in den Wagen und tust das falsch, schmerzt das und du lernst diese Haltung zu vermeiden, bzw. den Vorgang zu optimieren.

Man muss gesund und energetisch singen (nicht unbedingt laut!), damit die Stimmmuskel lernen, wenn sie etwas falsch gemacht haben.
Säuseln wird immer irgendwie richtig sein und wenn nicht, fällt es dem Sänger selbst nicht auf.
Singt er aber frei und gesund, wird er die falschen Töne selbst wahrnehmen und korrigieren können, bzw. kann ich als Chorleiter erst dann helfend eingreifen, weil ich den Sänger erst jetzt wahrnehmen kann, nun weiß, welche Töne falsch sind und evtl. auch warum (Übergang, Verbindung, schlecht geprobt (auch von mir!)...).
Durchs Säuseln lernt der Sänger weder richtige noch falsche Töne - er könnte sich diese Probe (im späteren Verlauf der Probenphase) eigentlich sparen und gleich zum Konzert kommen. Es würde eh nicht besser werden.

Um diese ungesunde Entwicklung zu verhindern, ist das Entscheidende, deinen Sängern glaubhaft zu versichern, dass die Probe ein sicherer Raum ist in dem Fehler passieren dürfen und müssen (sonst müsste man ja nicht proben) und, dass jeder einzelne Sänger dort sitzt, weil er für den Chor wertvoll ist und zu dieser Sozialgemeinschaft mit Ziel stimmlich etwas beitragen kann.
Wenn du auf Fehler konstruktiv und sensibel eingehst, werden sie als Weg zur Verbesserung verstanden.
Sänger haben zu häufig den Anspruch schon in der Probe perfekt zu singen.
Durch relatives Loben, Hinweisen auf oben Genanntes und positiv konstruktive Reaktionen auf Fehler dürfen Sänger eine Probe als Weg verstehen, den alle dieser Sozialgemeinschaft (wo es auch mal schnellere und langsamere gibt) gemeinsam gehen.

Viel Erfolg beim Ausprobieren!

PL

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