Eingesungene Übeklangdatei

28.06.2022 08:50
#1 Eingesungene Übeklangdatei
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Manche Kollegen machen sich die Mühe und singen die Stimmen der Lieder, die sie mit ihren Chören üben, ein.
Es gibt zu manchen Stücken Mitsingvideos auf YouTube.
Usw.
Für Chorsänger ist es einfacher dort mitzusingen.
Nicht nur, dass sie der Text über die Konsonanten mitnimmt (so wie ein echter Nebensänger oder der Chorleiter in den Proben) – der große Vorteil ist, dass auch deutlich geatmet wird.
Wenn Sänger nicht aufpassen, werden sie bei den reinen PC-Dateien auf das erste akustische Signal warten (ihren ersten Ton) und dann lossingen – was machen sie aber vor dem ersten lossingen? – atmen.
D.h. sie werden nachher in der Probe zu spät sein, weil sie im Zeitpunkt des ersten Tones atmen.
(Ich schreibe dies heute, weil mir genau das in einer Probe gestern passiert ist. Der Alt hatte eine schwere Stelle vorzubereiten – haben alle super gemacht – leider im Tutti an der schweren Stelle alle eine Achtel zu spät begonnen – weil sie da eben einatmeten. Ich konnte aber, obwohl ich sofort abbrach, loben, denn ich wusste, dass alle gut vorbereitet in die Probe gekommen waren – weil eben alle pünktlich unpünktlich begonnen hatten. Klingt komisch – ist aber so .)

Das Problem hätte ich lösen können, hätte ich die Übedatei eingesungen.
Meine Übeklangdateien („Übe-MP3s“) stammen aber alle vom PC (Sibelius) und sind nicht eingesungen.
Unabhängig davon, dass das ein riesiger Aufwand ist - mein Hauptgrund ist, dass ich will, dass die menschliche Komponente erst in den Proben dazu kommt.
Die Datei soll etwas klinisches sein.
Sie soll seelenlos sein.
Sie ist ein technisches Hilfsmittel, um Töne und Rhythmus zu lernen. Dazu gehört auch ein aktives selbständiges (!) Atmen (worauf man offensichtlich immer wieder hinweisen muss )

Wenn ich die Stimme einsinge, wird sie menschlich.
Ja, aber wo ist denn das Problem?!
Da meine Interpretation eines Stückes sich im Laufe der Proben (zum Teil gezwungen durch den Chor und seine Chorinterpretation) ändert,
würde ich in den Übe-Mp3s dauerhaft mit einer Interpretation präsent sein, die z.T. 6 Monate alt ist.
Ist das ganze technisch, kann ich immer sagen, dass die Mp3 langsamer oder schneller ist, als wir es singen. Das geht, da die Sänger über die Mp3 so keine emotionale Bindung zu dem Stück aufbauen.
Die Seele, das menschliche Element, kommt eben erst in der Probe dazu.
Und da ich es liebe eine "Chorinterpretation" mit meinen Sängern zu finden würde mich eine eingesungene Datei dabei massiv behindern.

1. Ich will nicht, dass die Sänger über meine 6 Monate alte Interpretation einen Anachronismus einüben.
2. Ich will, dass der gemeinsame Gesang im Chor das menschliche Element zum Proben und Einstudieren gibt.

Willst du aber, dass alle Sänger deine Interpretation übernehmen, oder hast du z.B. auch einfach wenig Probenzeit, sodass sich eine Chorinterpretation nicht entwickeln kann, solltest du den Aufwand in Kauf nehmen solch eine Übedatei einzusingen.
Der Aufwand wird sich in den Proben auszahlen (siehe oben genannte Gründe).
Dazu reicht ein USB-Mikro und ein einfaches Aufnahmeprogramm. Begleite dich dazu nicht am Klavier, sondern achte auf eine gute Gesangstechnik (z.B. stehe beim Singen, kein Vibrato, Vokalformung, Konsonanten, etc.).
Du musst so singen, wie deine Sängern nachher im Chor singen sollen.
Im Idealfall lässt du über einen Kopfhörer (und somit nur für dich hörbar) eine PC-Datei mitlaufen, um das Tempo und die Stimmung zu halten. Ansonsten ist es empfehlenswert in ca. 30-Sekunden-Häppchen aufzunehmen, um sicher zu sein.
Merke: Du kannst als Mann auch die Frauenstimmen und als Frau die Männerstimmen jeweils in deiner bequemen Lage (Oktave darunter, bzw. darüber) einsingen (so wie du sie in der Probe ja auch mitsingst).
Weil die Spannungszustände der Stimmlippen jeweils ähnlich sind (also auch die Gesangstechnik) sind alle Gesangswege, Artikulationen, Vokalformungen etc. 1zu1 vom Sänger des anderen Geschlechts kopierbar.

PL

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