Entschuldigen

09.02.2024 15:53
#1 Entschuldigen
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Ich warte gerade darauf, dass sich jemand bei mir für eine Beleidigung in der Probe entschuldigt.
Ich werde wahrscheinlich keine Entschuldigung bekommen, auch wenn diese Person sich ihres Fehlverhaltens sehr bewusst ist.
Deshalb muss ich das Thema für mich hier einmal rationalisieren und natürlich auch umdrehen:
wie fühle ich mich, wenn ich mich entschuldigen muss und was ist die beste Form?

Eine echte Entschuldigung hat unglaublich viel Macht.
Wir entschuldigen uns ungern, da es ja ein Fehlverhalten unsererseits impliziert.
Deshalb folgt einer Entschuldigung meist eine Rechtfertigung.
Fast immer so:
Es tut mir leid, aber....
Ich entschuldige mich aufrichtig, aber....
Ich wollte dir nicht weh tun, aber...

Du hast etwas falsch gemacht. Der Fakt ist indiskutabel.
Nun bist du gezwungen dich zu entschuldigen.
Du hast evtl. einen Grund für deine Handlungen gehabt. Du kannst dich erklären.
Das ist schön und meistens wichtig.
Schiebst du es aber sofort nach der Entschuldigung mit dem "aber" nach, schwächt es deine Entschuldigung.

Da sich so aber meistens entschuldigt wird hat der Rezipient eine Erwartungshaltung (ähnlich deiner Sänger, wenn du gelobt hast: "das war gut, aber...").
Lässt du eine Entschuldigung nun zuerst einfach stehen ("es tut mir Leid"), entsteht immer eine Pause. Wird diese nicht über ein "Aber" gefüllt, kann es sein, dass dein Gegenüber sogar verwirrt ist.
Lass die Pause stehen und die Entschuldigung wirken.
Deine evtl. sogar notwendige Rechtfertigung oder Erklärung gibst du erst ab, wenn dein Gegenüber die Entschuldigung angenommen hat.

Natürlich nicht mit einem Aber, sondern entweder: "ich möchte mich erklären."
Oder noch besser der Bitte: "erlaubst du mir, dass ich versuche(!) mein Verhalten zu erklären?"
So kommt man auf eine Sachebene und kann diskutieren.

Was soll eine Entschuldigung denn sonst bringen?
Sie ist rein emotional. Sie hat keinen Sachwert. Sie soll emotionale Verletzungen abdämpfen, bzw. Genugtuung bringen.
Für mich ist eine Entschuldigung auch im christlichen Sinne eine Form der Empathie:
ich habe verstanden, dass etwas (in deinem Sinne) falsch war und werde es nicht wieder tun.
Eine Entschuldigung ist eine Bitte. Man unterwirft sich dem anderen. Deshalb ist es für uns schwer. Wir mögen dieses Gefühl nicht.
Deshalb versuchen wir über die Rechtfertigung den Aufprall (also unseren) abzumildern.
Willst du wirksam und nachhaltig entschuldigen pralle auf.
Es tut nur kurz weh, wird über die Erwartungshaltung einer Rechtfertigung, die dann nicht eintritt, aber umso wirkungsvoller auf der Emotionsebene des Rezipienten sein.
Ist er dort befriedigt, bringe ihn auf die Sachebene und rechtfertige dich dort.

Eine ernstgemeinte Entschuldigung nehme ich immer an.
Sie zeigt, dass der Gegenüber nicht wieder so handeln wird.
Bin ich der Meinung, dass mein Gegenüber das zwar vorhat, aber nicht umsetzen wird (weil er evtl. emotional handelt/ gehandelt hat) nehme ich die Entschuldigung trotzdem an, bin aber vorsichtiger im Umgang.

PL

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