der beste Chorleiter ist ein ersetzbarer

25.05.2024 15:04
#1 der beste Chorleiter ist ein ersetzbarer
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Ich durfte gerade Zeuge werden, wie ein Chor stirbt.
Nicht weil die Mitglieder fehlten oder kein Geld mehr da war oder der Chorleiter starb – naja... doch irgendwie.
Der ging nämlich in Ruhestand.
Und dann war der Chorvereinsvorstand ganz überrascht, weil das ja nicht abzusehen war (Achtung Ironie!).
Der Chorleiter hatte alle Zügel dermaßen in der Hand, dass der Vereinsvorstand und alle Sänger im Prinzip gedankenlos hinter dem Chorleiter hergetrottet sind.
Der Chorleiter war der Entscheider und hatte die permanente Wissenshoheit. Er organsierte alles. Sogar in den Finanzen hatte er - trotz Schatzmeister - seine Finger drin.
Dieser Chorleiter war aber gleichzeitig so igno-/arrogant, dass der schlicht selbst nicht darüber nachgedacht hat, dass er als Chorleiter ja eine Verantwortung hat.
Er hatte also jahrelang alle selbstständig denkenden Sänger aus verantwortlichen Positionen im Vorstand eliminiert.
Sein Weggang erzeugte ein Machtvakuum, das keiner füllen konnte - selbst in organisatorischer Sicht.
Und nun sollte dieser kopflose Vorstand den Laden auf einmal führen.
Einen Nachfolger finden.
Einen Nachfolger auswählen.
Die Sänger so lange bei Laune halten.
Das hat nicht geklappt.

So extrem findet man das selten – aber jeder kann von diesen Vorbildern lernen:
Das Überleben eines Chores hängt auch von einer dezentralen Organisation ab.
Delegieren ist also nicht nur für dich überlebenswichtig, weil es dir unmusikalische Arbeit abnimmt, sondern auch für deinen Chor.
Nach Corona im Allgemeinen, aber auch schlicht bei Todesfällen oder anderen plötzlichen Weggängen eines Chorleiters kann (konnte) man beobachten wie damit auch der Chor stirbt.
Keiner meiner Chöre würde sterben, wenn ich plötzlich den Löffel abgebe.
Meine Chöre haben alle weitere Verantwortliche – ob nun vom Chor gewählt oder über die Zeit gewachsen (und von mir gefördert).
D.h. das schlimmste, was passieren würde, wäre, dass halt die Chorleiterstelle kurze Zeit vakant wäre.
Der Chor würde aber weiter existieren.
Delegieren heißt Überleben! Und so erklärt sich auch der Artikeltitel: nur wenn du dafür sorgst, dass du ersetzbar bist (nicht unbedingt austauschbar und natürlich nur im Notfall!), nimmst du deine Verantwortung für den Chor ernst.

PL

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